Friday, August 2, 2019

Wie das Sanatoren-Regime in Warschau 1939 den Kampf bis zum letzten Bürger Polens verkündete






Der polnische Oberste Führer meinte wohl Warschau sollte über so starke Luftverteidigung verfügen wie London, und dies war leider nicht der Fall. Wir sind stark, bereit, geschlossen! Das Polnische Heer wird siegreich sein! – hat er wiederholt beteuert. Man glaubte ihm aufs Wort und verachtete Ihn später dafür. Was er von seinem Volk verlangte war, bei Verbrauch des Verstandes, als krank zu beurteilen.

 
Marschall Smigly-Rydz hat der amerikanischen Journalistin Mary Heaton Vorse ein Interview erteilt, das in der Auslandspresse erschienen ist.“
(Lodzer Volkszeitung, 20. Juli 1939, s. 1)




Wer war also die Publizistin?


"Mary Heaton Vorse O'Brien (1874–1966) war eine amerikanische Journalistin, Arbeiteraktivistin, Sozialkritikerin und Romanautorin. Sie war freimütig engagiert für Frieden und soziale Gerechtigkeit, wie Frauenwahlrecht, Bürgerrechte, Pazifismus (wie die Opposition gegen den Ersten Weltkrieg) und Sozialismus, gegen Kinderarbeit, für Verminderung der Kindersterblichkeit, bei den Arbeitskämpfen und für bezahlbares Wohnen für alle." So die englischsprachige Wikipedia.


Sie war eine linksliberale, ziemlich radikale Journalistin und Schriftstellerin. Man darf sie wohl bezeichnen als eine Person aus dem Kreis der Oberschicht der US-amerikanischen Ostküste. Sie schrieb zuerst für die Tageszeitung Philadelphia Ledger, 1939 war sie aber bereits freiberuflich und verkaufte ihre Interviews sowie Aufsätze an viele verschiedene US-amerikanische Zeitungen. Infolgedessen ist nun dies und jenes aus ihrem Schaffen dank den gebührenfreien Pressearchiven für alle daran interessierten Personen zugänglich.


Aufgrund des Inhalts dieses Aufsatzes, der bei der Angelegenheit des Interviews mit dem Anführer des Sanatoren-Regimes den englischsprachigen Lesern die ganze Lage um Danzig erklären sollte, kommen wir zum Schluss, dass Wikipedia auch in diesem Fall nicht ganz genaue Angaben hat. Zu dieser Zeit war sie offensichtlich überzeugt, dass der neue Weltkrieg der bessere Ausweg ist als die Beherrschung Osteuropas durch das NS-Regime.




Die alte Dame lobte zum Himmel den Marschall und sein unbezwingbares Volk


Der Marschall von Polen besetzt einen einzigartigen Posten. Es gibt keinen anderen Oberbefehlshaber, dessen Position oder Ansehen dem von Marschall Smigly-Rydz gleicht. Der Marschall ist wie das Herz Polens. Er ist der Erbe des großen und vergötterten Pilsudski und sein von ihm selsbt ernannter Nachfolger. Für die kleinen Leute des Landes verkörpert der Marschall Polen. Er ist die Stütze ihrer Armee, die ihre Freiheit und nationale Unabhängigkeit schützt, die ihnen lieber sind als alles andere, sogar ihr eigenes Leben selbst.“


Mehrere Tausende wohlhabende, nicht auf die einheimische Presse und Rundfunk angewiesene polnische Bürger nutzten derartige Ausflugsangebote nach Hafenstädte Westeuropas, um nach Südamerika, am Bord eines Passagierdampfers, auszuwandern. Die mehr mutigen wollten nur in neutralen europäischen Ländern die schlimmsten Wochen verbringen, um dann ihr Hab und Gut wieder, ohne Bombardierungen, in Ordnung zu bringen.


Marschall Smigly-Rydz empfing mich ohne Zeremonie in seinem schlicht eingerichteten Arbeitszimmer im Hauptquartier des Generalstabs (G. I. S. Z.) und ging sofort auf die Frage nach Danzig ein.“




Die Danziger Frage: Danzig unentbherlich für Polen


Wir werden alle Methoden für die Lösung der Danziger Frage auf friedliche Weise erschöpfen, wenn aber die deutsche Regierung bei ihren Anschlußplänen bestehen bleiben sollte, dann wird Polen den Kampf aufnehmen, sogar dann, wenn es allein, ohne Verbündete kämpfen müßte. Das ganze Volk ist einig darüber. Das Volk ist bereit, für die Unabhängigkeit Polens bis auf den letzten Mann und auf die letzte Frau zu kämpfen, denn wenn wir sagen, daß wir uns um Danzig schlagen werden, dann verstehen wir damit, daß wir um unsere Unabhängigkeit kämpfen werden.

 
Unser Handel geht über Danzig und Gdingen. Wer Danzig kontrolliert, der kontrolliert auch Gdingen. Wir besitzen nur eine kleine Mündung zum Meer — 140 Kilometer. Im vergangenen Jahre gingen 16 Millionen Tonnen unseres ständig wachsenden Handels über diese beide Häfen.“


Der Marschall erinnerte nicht an die Größe sowie Bedeutung der polnischen Exporte, die damals auf dem Seeweg abgewickelt waren. In der Tat betrug die entsprechende Zahl 1938 mehr als 12 Millionen Tonnen. Trotz der Tatsache, dass der Hafen in Gdingen zum größten Seehafen am Ostsee ausgebaut wurde, war die Bedeutung von Danzig für Polen tatsächlich immer noch immens. Es gab 41 v, H. der polnischen Seeausfuhren aus, die der Zweiten Republik die größte Quelle der konvertierbaren Fremdwährungen verschafften, nämlich die Bezahlung für Steinkohle, der an die skandinavischen Länder, Italien und Argentinien verkauft wurde.

 
Die Besetzung Danzigs durch Deutschland wäre ein Akt, der uns Aufteilung Polens in Erinnerung bringen würde. Aus diesem Grunde habe ich vor vier Monaten Mobilisation angeordnet, als Reichskanzler Hitler seine Forderungen betreffs Danzig und Pommerellens erneuert hatte. Diese Mobilisation war keine Demonstration. Wir waren damals zum Kriege bereit, falls dies sich als notwendig erwiesen hätte.“



Außerordentlich stark, bereit und geschlossen!“


Auf die Frage nach der militärischen Situation Polens, antwortete Marschall Rydz-Smigly: «Was unsere Armee betrifft, so ist sie, wenn auch nicht so groß wie die deutsche, jedoch eine gute Armee. Im Kriegsfalle werden jeder Mann ohne Rücksicht aufs Alter und jede Frau Soldaten sein.»




Der Einmarsch der Sowjettruppen nach Polen zwei Monate später sollte sich für ihn als eine große Überraschung erweisen

 
Die kleinen baltischen Staaten wünschen wahrscheinlich nicht, sich zu exponieren [aus der Reihe tanzen] und sie werden strenge Neutralität wahren. Was Russland betrifft, so haben wir mit diesem Staate einen Nichtangriffspakt und ein Handelsabkommen, aber die Lieferung von Rohstoffen aus diesem Lande würde zweifellos von einer Reihe der Bedingungen abhängig sein. Russland wird aus der gegenwärtigen Situation den größtmöglichen Nutzen ziehen wollen.“




Er hat nur die Haltung von Ungarn und Rumänien irgendwie richtig vorhergesehen

 
Rumänien ist unser Verbündeter und unsere Freundschaft mit Ungarn ist geschichtlich. Ich glaube nicht, daß Ungarn den deutschen Truppen gestatten würde, uns von seiten der ungarischen Grenze anzugreifen. Ich nehme auch nicht an, daß Ungarn an einem Krieg gegen uns teilnehmen würde.




Ein Journalist hatte in einer der in Lemberg erscheinenden Zeitungen seinen offenen Brief zu Hitler veröffentlicht


Niemand hat Angst vor Ihnen in Polen. | ...] Sie können wahrscheinlich einen Krieg beginnen. Obwohl beurteilen wir die Tatsache als überraschend, daß Sie dies nicht früher getan haben, bevor der Zusammenschluss Polens, Frankreich und Großbritanniens noch nicht perfekt war und noch nicht zum Umkreisen Deutschlands geführt hat. Sie sollten uns angreifen bevor die polnische Verteidigungsindustrie noch nicht mit voller Kapazität gearbeitet hat, während die Möglichkeiten für Vorbereitung des Dritten Reiches zum Krieg bereits ihre Grenzen erreicht haben. Es scheint uns, dass, obwohl Sie den Pazifismus verachten, die Entscheidung den Krieg zu beginnen Ihnen irgendwie schwer kommt.“
(I cóż dalej, Panie Kanclerzu? List, który może dojdzie do Hitlera, „Głos Poranny”, 30 czerwca 1939, S. 2)


Wie geht's nun weiter, Herr Reichskanzler? So verspottete er die gefährlichste Großmacht Europas von damals. Die polnische Presse und öffentliche Versammlungen waren voll an derartigen Behauptungen und Drohungen. Der Propagandafeldzug dauerte ein halbes Jahr; von den letzten Tagen Februars bis zu den ersten Septembertagen 1939.




Diese Idylle hatte jedoch ein jähes Ende


Der Krieg wurde unvermeidbar, aber nur wenige konnten dies bemerken. „Der Juli 1939 erinnert in vieler Hinsicht an den Juli 1914. Auch damals verdunkelte sich der politische Welthorizont, und die erschrockene Menschheit erwartete den grauenhaften Blitz des Krieges, der so viele Menschen töten und ganze Reiche zerschlagen sollte. Auch damals, wie heute, wurden unternommen wiederholte Versuche den Frieden doch zu retten. Den Frieden zu retten und das schlimmste Unglück, den gegenseitigen Gemetzel der Kulturvölker, zu verhindern.“


(Z. Felczak, Zwycięstwo solidarności narodowej, „Dziennik Bydgoski”, 16 lipca 1939, s. 1)





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