Saturday, September 14, 2019

Die Erdölschock-Weihnachstansprache des Bundespräsidenten (1973)





Im November 1973 bei einer Industrieausstellung in Zürich. Dieses kleine Elektroauto schien die richtige Lösung für die durch die steigenden Ölpreise verursachte Krise zu sein. Solche Autos sollten Verbrennungsautos auf den Straßen aller Städte ersetzen, und Elektrizität sollte dank der größten Atomkraftwerke der Welt, die damals in Deutschland, Frankreich, Schweden und mehreren anderen Ländern gebaut wurden, viel billiger als Benzin werden.
(Das Bildfenster aus dem You-Tube-Video: Autofreier Sonntag (1973) | SRF Archiv)




Am Heiligabend 1973 hat der Bundespräsident Gustav Heinemann in seiner Rundfunk- und Fernsehansprache den Landsleuten gesagt, dass sie ans Sparen denken müssen. Es sollte selbstverständlich vor allem Treibstoff gespart werden. Der westdeutsche Bundespräsident Gustav Heinemann hat in der letzten Weihnachtsansprache seiner Amtszeit die Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland daran erinnert, dass keiner für sich allein leben könne. Unter Hinweis auf den Ölpreisschock erklärte das Staatsoberhaupt,




Jeder sei davon abhängig, dass eine arbeitsteilige und möglichst reibungslos funktionierende Volkswirtschaft das zur Verfügung stelle, was benötigt werde


Seine Erörterungen hat er mit ein paar philosophischen Bemerkungen begonnen. Er schlug vor, sich daran zu erinnern, dass man nicht nicht mit Brot allein lebt. Er erwähnte auch Verschwendung und das Schaffen künstlicher Bedürfnisse: "Unsere Vorfahren produzierten, um den vorhandenen Bedarf zu decken. Wir haben angefangen, Bedürfnisse zu wecken, um zusätzliche Produktionen einzuleiten und unterzubringen". Derartige Ausführungen waren zweifellos ein Zeugnis der Fortsetzung der deutschen Hochkultur. Als ein paar Jahre später hat die Energiekrise auch den Ostblock in Mitleidenschaft gezogen, da wiederholten dort nur die Behörden: "Jede überflüssig glühende Glühbirne ausschalten!" „Die Völlerei im Energieverbrauch kann nicht weitergehen“, sagte Heinemann.
(Alle Bekegstellen nach: Heinemann. Wir müssen ans Sparen denken, "Arbeiter-Zeitung" (Wien), 25. Dez.1973, S. 1)



Nach seinen Worten gehören zu den Dingen, die wirklich gebraucht werden Umwelt zu schützen und möglichst wenig Energie verbrauchende Geräte und Anlagen. zu schaffen


Die anhaltende Ölkrise mache eine Umstellung von unserer, wie Heinemann es bezeichnet hat, Verschwendungswirtschaft auf eine Aufbewahrungsgesellschaft unausweichlich. Anderseits aber war seine Ansprache über praktisch genommen sehr begrenzte Rahmen der väterlichen Sorge eines erfahrenen westdeutschen Staatsoberhauptes bei manchen Punkten weit hinausgewachsen. So machte er, wohl unabsichtlich, die extrem linke Ideologie der Post-68er salonfähig.

So sprach er zum Beispiel von der Ablösung einiger bisher privat befriedigten Bedürfnisse durch allgemeine Einrichtungen, wie zum Beispiel manches private Personenkraftwagen durch bessere allgemeine Verkehrsmittel. Dazu sagte er sogar: "Je länger wir treiben lassen, wie wir diese unsere Erde nutzen, ohne an ihre Bewahrung zu denken, je länger wir ihre solidarische Ordnung versäumen, um so härter werden uns die Folgen treffen.“



In Allgemeinen aus der Ansprache konnte man den Schluss ziehen, dass die „willkürlichen Maßnahmen“ der Ölländer für die BRD ein heilsamer Schock seien

Trotzdem nur ein Satz aus dieser Ansprache wurde wirklich berühmt: "Die Wohlstandsgesellschaft, die in einem großen Wiederaufbau nach dem Krieg geschaffen worden ist stößt jetzt an ihre Grenzen." Na bitte schön! Die kapitalistische Wohlstandsgesellschaft stoße jetzt an ihre Grenzen! Dies wiederholte man im Ostblock sowie unter den Anhängern von Herbert Marcuse. Nur für kurze Zeit, denn bald schon folgte eine andere, durch Herrn Heinemann vorhergesagte Entwicklung: Die energiesparende Volkswirtschaft, die Furcht und Verzweiflung des Ölpreisschockes mit mehr Unabhängigkeit von den arabischen Ölländern und neuen Wohlstandsquellen ersetzen sollte.


Wir können hinzufügen, dass auch eine andere seine Vorhersage, zumindest bevor die Post-68er an die Macht kamen, nicht zur Realität des Alltagslebens wurde. Nämlich: die Energiekrise zwinge zur Überprüfung der bisherigen Vorstellungen von Sinn und Wert der gesamten Lebensweise eines durchschnittlichen abendländischen Bürgers.




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