Sunday, November 3, 2019

Die Stadtpräsidentin fordert den polnischen Premierminister heraus – unsere gemeinsame Erbschaft bedroht







 
Die Berliner Architektur aus der Kaiserzeit in Lodsch (Łódź): Die Ecke der Petrykauer und Radwanska Straßen (Piotrkowska róg Radwańskiej). Sie wurde hier durch die polnischen Architekten aus Posen eingeführt, die in seiner Jugendzeit in Berlin oder München studierten. Manche Gebäude wurden aber durch gebürtige Berliner entworfen. Noch zwanzig Jahre her sah u. a. die ganze ulica Gdańska (Danziger Straße) wie Berlins Innenstadt 1910 aus.



Hanna Elżbieta Zdanowska (geboren 1959 in Lodsch als Hanna Elżbieta Aleksandrzak) ist eine polnische Politikerin der Platforma Obywatelska (Bürgerplattform). Sie war Abgeordnete des Sejms (des polnischen Parlaments) und seit 2010 ist sie Präsidentin der ganz besonderen Großstadt.


Bemerkenswert: sie studierte an der Politechnika Łódzka (Technische Universität von Lodsch) am Fachbereich für Bauwesen und Architektur. 2001 wurde sie Vorsitzende der Lodzer Handels- und Handwerkskammer (Łódzkiej Izby Przemysłowo-Handlowej). Im Jahr 2006 wurde sie in den Stadtrat unserer Stadt gewählt.




Man kann also nicht behaupten, dass sie nicht weiß, was für eine Perle der Architektur aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert diese Stadt darstellt


Bisher wurde jedoch seitens der Regierungskreisen den Politikern der Bürgerplattform vorgeworfen, dass sie – um sich noch irgendwie mild zu äußern – auf dem Bereich der Altbauten Mittelpolens geradezu hervorragend im Trüben fischen können. Das Trüben wurde hier übrigens sehr stark durch die NS-Schreckensherrschaft beeinflusst.


Um die Wahrheit zu sagen, es gibt jede Menge Leute außer der Regierungspartei, die stinksauer werden als sie sehen was mit den Mietkasernen, die oft auch Baudenkmäler sind, hier geschieht. Sie werden in der Regel ihrem Schicksal überlassen und es wird tatlos abgewartet bis sie am Ende abbruchreif und schließlich abgerissen werden. Dann freuen sich die Immobilienhaie auf die vorteilhaften Bauplätze. Man fragt sich ob dies einfach so geschieht...




Nun erfahren wir plötzlich was für eine große Denkmalschützerin Frau Zdanowska ist


Sie hat einen Brief an polnischen Premierminister geschrieben und diesen demnächst teilweise getwittert. So lesen wir z. B.: „Wir brauchen besondere Unterstützung aus dem Staatshaushalt, damit wir so viel wie möglich vom historischen Erbe unserer Stadt retten können.“ Sie beruft sich auf ihre Verdienste für diese Sache: „In Lodsch (Łódź) wird seit zehn Jahren eine umfassende Renovierung durchgeführt. Wir modernisieren nicht nur einzelne Altbauten, sondern ganze Stadtteile. Keine Stadt macht so viel wie wir. Leider haben Baukatastrophen in den letzten Wochen gezeigt, dass einige Dutzend Jahre Nachkriegsversäumnisse den technischen Zustand der Miethäuser in Lodsch (Łódź) beeinträchtigt haben. Die Anstrengungen, die wir unternehmen müssen, liegen außerhalb der finanziellen Möglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung.“




Die schroffe Abfuhr aus dem Woiwodenamt


Der Woiwode hat das alles mit einer eindeutig unfreundlicher Schrift beantwortet. Frau Zdanowska wurde darauf aufmerksam gemacht, dass alle Bauvorhaben ihrer Stadtverwaltung pausenlos überwacht und beurteilt werden. Werde am Ende jemand infolge ihrer (fehlerhaften) Entscheidungen getötet, da sollte sie dafür in vollen Maße Verantwortung tragen, denn das Beweismaterial wird tagtäglich versammelt, so der Woiwodenamt.


Baukatastrophen bei den Sanierungsmaßnahmen der Lodscher Zinskasernen gab es bereits wirklich. Jedes Mal stürzte das alte Mietshaus so unglücklicherweise, dass es nicht mehr zu retten war. Anderseits niemand musste dabei sterben, denn die Einwohner sowie die Bauarbeiter wurden früher vorsorglich aus dem Grundstück abgeholt.




Es stellt sich die Frage: Haben wir hier nur mit dem neuen politischen Zusammenstoß zwischen der Bürgerplattform und der regierenden PiS-Partei zu tun?


Es steht hier zweifelsohne еin Нaufen Geld auf dem Spiel. Sich auf diese Feststellung zu begrenzen wäre aber eine Banause. In ganz Polen es ist nun zu hören, dass die Regierungspartei einen Griff nach der Macht in den Großstädten, die ohne Ausnahme durch ihre politische Gegner regiert werden, sorgfältig vorbereitet. Dies soll wohl durch ein Sondergesetz über die verstärkten Vollmachten der Woiwoden (der Chefs der Verwaltung der ehemaligen polnischen Länder) erreicht werden.




In einem Propagandakrieg zwischen den schon äußerst verfeindeten politischen Lagern in Polen


könnte das Thema der Mietkasernen und ihres bedauernswerten Schicksals im vollen Maß genutzt werden. Vor diesem Hintergrund wird die neueste Erklärung der Lodscher Stadtpräsidentin ganz sicher eine ziemlich wichtige Rolle spielen. Unter den gegebenen Umständen bleibt es uns denn kleinen Menschen nur zu wünschen damit dieser Streit mit etwas Positives für die Altbauten von der großen historischen Wert endet.




Deutsch war hier einst die Umgangssprache der Geschäftsleute ...


und hoffentlich wird das Thema der deutschen Kriegsentschädigung an Polen hier eine positive Rolle spielen. Ich meine damit: es soll keineswegs so sein, dass die Leute von heute, dessen Eltern oder Großeltern auch durch einen Amateurmaler aus Wien ins Unglück gestürzt wurden, nun teuer für etwas bezahlen, wofür sie kein Einfluss nehmen konnten. Man kann dies aber auf eine ganz andere Art und Weise lösen.


Z. B. die deutschen Steuerzahler könnten mehrere Stiftungen finanzieren, die gegründet wären, um die deutsch-polnische Erbschaft, darunter die Baudenkmäler, aufzubewahren und für die beiden Völker, womöglich auch für die anderen in Polen dauerhaft arbeiten wollenden Europäer, vorteilhaft zu nutzen.


Diese 1903 errichtete Mietkaserne wurde vor einigen Jahren im Rahmen des Programms Mia100 Kamienic (einhundert Mietshäuser) revitalisiert. Es wurde in den Zustand aus dem Zarenreich zurückversetzt und... Mehr als zwei Jahre lang stand es leer, weil niemand unter Wohnbedingungen wie vor dem Ersten Weltkrieg arbeiten oder leben wollte. Zusätzliche Pläne mussten gemacht werden, spezielle sanitäre Einrichtungen wurden in das Gebäude eingeführt, usw. Früher gab es dort manchmal seit 1945 funktionierende Läden, denen Besitzer der Stadt jedes Monat Miete berechneten.


Dies könnte auch die deutsch-polnische Versöhnung festigen, denn viele dieser Baudenkmäler erinnern uns an guten Seiten der Jahrhunderte der gegenseitigen Beziehungen, an der Zeit wo die Polen, die Deutschen, die Juden und sogar die Russen, jedenfalls im Alltag, nicht nur Nachbarn, sondern auch Freunde waren.





 
Die Revitalisierung der ehemaligen Posnanskischen Werke (Israel Poznanski war ein Großindustrieller und Lebensreformer, ein der Gründerväter der Textilindustrie in Lodsch) ist ein sehr gutes Beispiel fürs Aufbewahren der jüdisch-polnischen historischen Erbe. Das große Einkaufs- und Unterhaltungszentrum „Manufaktura“ ist im Ergebnis der polnisch-französich-jüdischen Zusammenarbeit entstanden.






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