Vor dem
Hintergrund der unzähligen kleinen Holzbauten, die für die
vernachlässigten Zustände von damals markant waren, galten
derartige Mietshaüser in Polen in der Zwischenkriegszeit als
Paläste,
Ich
beabsichtige keineswegs den Verbrechern die Weste weiß zu waschen.
Zweifelsohne, der
Stalinismus war nicht gut.
Das stalinistische Regime war aber nicht so gefährlich wie der
Hitlers
Generalplan Oberost;
sollte der durchgeführt werden, da wäre die polnische Sprache am
Weichsel für immer geschwiegen. Anderseits, Polen aus dem Zeitraum
1926-39 als Vorbild zu erklären ist ein verlogenes Drehen.
(Vortrag
von Wasilewska,
„Volkszeitung”, 3 X 1938, s. 2)
Am
2. Oktober 1938 hielt die bekannte Publizistin Wanda Wasilewska im
Saal der Lodscher Philharmonie, einen Vortrag über die Frage:
Polesien
– ein soziales Problem
D.
h. in einem Gebäude, das bis heute nicht erhalten wurde. Es lohnte
sich mehr ihn seinem Schicksal zu überlassen und dann wurde er
abgerissen,,,
In ihrer Vorlesung schilderte die Rednerin aus eigener Anschauung die
sozialen und wirtschaftlichen Bestände, die in diesem Landesgebiet
herrschten und wies besonders auf die
unbeschreibliche Armut
der Einheimischen hin; den Mangel an Grundschulen, Verkehrsmitteln,
Ackerland und Viehfutter hin. Der Vortragenden wurde für ihre
Darstellungen, die darauf beruhten, was sie mit eigenen Augen sah,
ein stürmischer Beifall gezollt.
(Vortrag
von Wasilewska,
„Volkszeitung”, 3. Oktober 1938, S. 2)
Das
Streifen Tiefland zwischen den Flussgebieten des Bug und Prypjat,
einst auf Deutsch auch
Rokitnosümpfe
genannt, stand in der Zwischenkriegszeit, zusammen mit den Dörfern
des ehemaligen Galiziens, symbolisch für die Unfähigkeit des
polnischen Staates und des polnischen Volkes bei der Bekämpfung der
Armut und Elend sowie Linderung der vollständig vernachlässigten
Zustände.
Man
sprach mit Entsetzen darüber, dass die dortigen Einwohner
Bastschuhen tragen, weil sie sich kaum was besseres leisten können
Auch
die Nachricht, dass dort eine Anzahl an deutschstämmiger Bevölkerung
ein beschwerliches Dasein friste, und der damit hervorgerufene
Gesamtausdruck für die polnische Regierung eindeutig ungünstig
waren. Trotzdem konnten
die Rokitno-Deutschen,
die meistens Holzhauer und Holzbauer waren, vor dem Hintergrund der
anderen dort ansässigen Volksgruppen irgendwie auskommen. Nur selten
waren sie wohlhabend, doch auch nicht die armen Schlucker.
Die
Bastschuhen waren kaum der einzige Beweis für die Denkarmut und
Unfähigkeit des Sanatoren-Regimes in dem Teil des Landes. In dieser
weit ausgedehnten, waldreichen Flussniederung waren seit eh und je
das Holz sowie die Vielfalt
an Fischegattungen
die zwei Hauptreichtümer. Die Prypjatsümpfe, sind mit etwa
90.000 km² Fläche das größte Sumpfgebiet Europas. Jetzt,
unter der weißrussischen Herrschaft liefert die Binnenfischerei mit
dem Stör den weltweit begehrten russischen
Kaviar.
In
der Zwischenkriegszeit haben es die Behörden der Woiwodschaft
Polesien nicht verstanden, in planvoller Wirtschaft das riesige
Fischreichtum des Landes zu nützen
… oder
einen Plan zu schmieden, um die entsprechenden Rahmenbedingungen für
die Privatunternehmen, beziehungsweise Genossenschaften zu schaffen,
damit diese sich damit beschäftigen können. Stattdessen haben die
Beamten der Diktatur durch und durch bewiesen, dass sie im
Trüben fischen
können. In den 1930er Jahren wollte das Sanatoren-Regime einen
großen Teil der Pripjetsümpfe
trockenlegen lassen, scheiterte aber an mangelnden Geldmitteln und
tobende im Lande Korruption.
Derartige
Zustände bildeten keine Ausnahme in der Zweiten Republik Polen
Es
stellt sich die Frage, ob es eine gute Idee ist ausgerechnet diesen
Zeitalter in der polnischen Geschichte
zum Vorbild für
die Jugendlichen zu erklären. Es sei denn, jemand wurde darauf
aufmerksam, dass der polnische Staat, der am wenigsten dem polnischen
Volk dient, hier in Vollendung zu sehen ist.
Noch
ein Wort über Wanda Wasilewska
Nach
der Wende sie wurde in Polen als eine Verräterin gebrandmarkt. Es
wird besonders hervorgehoben, dass sie sich selbst eines Tages, nach
dem Auswandern nach Sowjetunion als „ehemalige Polin“ usw.
bezeichnet hatte. Meiner bescheidenen Meinung nach das ist nicht ganz
richtig. Zum Ersten ihre Beurteilung der Zweiten
Republik Polen
als eines schwachen Staates, der ohne eine glaubwürdige Allianz mit
einer Großmacht in seiner geographischen Nähe zum Scheitern
verurteilt ist, hat sich als zutreffend erwiesen.
Zum
Zweiten, sie hat eine positive Rolle in der polnischen Geschichte
gespielt, indem sie sich in die
Aufstellung der von
Sowjetunion abhängigen polnischen
Streitkräfte
entscheidend engagierte. Die andere polnische Armee, die in
Nordafrika sowie Westeuropa kämpfte und durch die Exilregierung in
London geführt wurde, konnte 1944 nicht nach Polen aufmarschieren –
dies hat sie auch vorausgesehen. Das Polnische Heer an dem Ostfront,
mit General
Berling
an der Spitze, hat dies geleistet und im Ergebnis wurde die
Wiederherstellung
des polnischen Staates möglich.
Die
Volksrepublik Polen, von welcher sie bereits 1938 träumte, konnte
die Potenziale des polnischen Staates erheben. Die VR Polen, obgleich
man sie keineswegs als fehlerfrei bezeichnen darf, hat sehr viel
geleistet und das polnische Volk, seine Kultur und Volkswirtschaft
noch einmal zum Aufblühen gebracht. In diesem Sinne war Wasilewska
eine Politikerin, die das
Ausmaß der riesenhaften Niederlage Polens,
die im September
1939
erlitten wurde, wesentlich begrenzen
konnte.
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