Das
interessanteste Porträt von Nikolaus
II. Romanow
– der Zar denkt in seinem Büro, bedrückt von der Last der Macht.
(Walen-tin Serow, pub-lic domain - öffentlicher Zu-gang). Daneben steht
eine anonymes Bildnis einer Frau, die durch harte
Arbeit
zerstört wurde, weil sie
das Geld für andere Leute die Wäsche machend verdient hat, um ihre
Kinder zu ernähren. ("Neue Lodzer Zeitung", öffentlicher
Zugang). Dieser
Zar wusste, was es bedeutet, den schreck-lichen Unglück ausharren zu
müssen.
Er trug die schwere Last der unheilbaren Krankheit seines einzigen
Sohnes, dem er nicht verkraften konnte zu sagen, er müsse jung
sterben. Für
das gemeine Volk
war er ein liebes Herz, und mit Kummer ließ er manchmal auf dieses
Volk, als es durch die Terroristen aufgehetzt wurde, schießen, weil
erahnte, dass der Sturz des Thrones keine Tausende, sondern viele
Millionen Opfern mit sich bringen würde.
Die Beamten des Zars gegen die Lebensmittelteuerung
Die Mißernte im Zarenreich im Sommer und Herbst 1911 hat die Lebensmittelpreise in die Höhe getrieben. Dies wurde durch die Spekulanten ausgenutzt, um durch Verknappung des Angebots große Gewinne zu machen. Diese Lage wurde durch die Behörden bemerkt und sie haben verschiedene Massnahmen vorgenommen, um die Hungersnot zu verhindern.
In
Russisch-Polen
war die Ernte besser, so wurde die Entscheidung getroffen die
Versorgung der wichtigen Industriestadt Lodsch (Polnisch: Łódź,
Textilindustrie) zu sichern, indem
auf alternative Angebote ausgewichen wurde.
Durch Erlaubnis zum Handel im größeren Umfang fûr die Landwirte,
von denen viele kein Problem hatten mit seiner Fuhre (dem
Pferdewagen) nach die Großstadt zu kommen, wurde die
Vermittlerkette ausgeschaltet.
Dazu wurde auch die aus der Teuerung der landwirtschaftlichen
Produkte folgende Wirtschaftskrise (die breiten Bevölkerungsgruppen
haben kein Geld für die Baumwollwaren gehabt) im Petrykauer
Gouvernement irgendwie gelindert. Der milde Winter von damals hat die
ganze Aktion begünstigt.
So wurde dies in der Presse der Polendeutschen geschildert
„Die
gegenwärtig herrschende
Teuerung der
landwirtschaftlichen Produkte wird von der armen Bevölkerung der
Stadt Lodz schwer empfunden. Zweifellos ist der Grund dieser
traurigen Erscheinung in der ungenügenden Zahl der vorhandenen
Märkte, auf denen die Landwirte ihre Produkte verkaufen können, zu
suchen. Demzufolge ist auch die
Zufuhr landwirtschaftlicher Produkte
infolge Raummangels auf den Marktplätzen recht gering.
Das
Lodzer Komitee zur Bekämpfung der Lebensmittel-Teuerung
hat sich an die zuständigen Behörden mit der Bitte gewandt, die
Zahl der Markttage zu vergrößern und darum nachgesucht, den Bauern
zu gestatten, den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten nicht
nur auf den Märkten, sondern auch in den Straßen der Staat zu
bewerkstelligen. Dieses Gesuch wurde von den Behörden günstig
aufgenommen; es wurde gestattet, bis zum 1. (14.) April 1912 in der
Stadt Lodz 4 Handelstage wöchentlich einführen, und zwar:
Dienstags, Mittwochs, Freitags und Sonnabends.
Den
Landleuten ist somit gestattet worden, an den obenbezeichneten Tagen
den Verkauf ihrer Lebensmittel-Produkte auf allen Märkten in den
Stunden, die für den Markthandel festgesetzt sind, zu vollziehen.
Desgleichen auch bis 10 Uhr früh an allen übrigen Wochentagen auf
allen Straßen der Stadt,
mit Ausnahme von Petrikauerstraße [ul. Piotrkowska; die Hauptstraße
der Stadt] und der Straßen mit Tramway-Verkehr [Straßenbahnverker],
von dem Wagen herab zu handeln. [...]
Das
Komitee bittet alle Bürger und Einwohner, die
Landleute, die mit ihren Fuhren vor den Häusern stehen bleiben,
nicht fortzutreiben, sondern im Gegenteil — den Hauswächtern eine
entsprechende Instruktion zu geben und ihnen zu befehlen, daß,
nachdem die Landleute ihre Standorte verlassen haben, die Straßen in
gehöriger Weise gereinigt werden, um den Behörden,die sich so
wohlwollend
zu dem Gesuch des Komitee verhalten haben, keinen Anlaß zu
Prätensionen [zum Groll] zu geben.“
An
die Einwohner der Stadt Lodz: Das Komitee zur Bekämpfung der
Teuerung in der Stadt Lodz, Präses F. Meyerhoff,
„Neue Lodzer Zeitung“, 6. Januar 1912, Morgenausgabe, S. 13
Die
Aussicht aus der Petrikauer-Straße auf den Neuen Ring
(heute: Plac Wolności – der Freiheitsplatz, damals ein der
Wochenmärkte), die Nowomiejska-Straße (die Neustadt-Straße) und
den riesenhaften Dorf Baluty. Die evangelisch-lutherische
Gemeinde zu Sankt Trinitatis (heute: die römisch-katholische
Kirche des Heiligen Geistes) auf dem zweiten Plan. Das Photo von
Bronisław Wilkoszewski, 1897 aufgenommen. Auf dem ersten Plan
sehen wir ein Fuhrwerk eines polnischen Bauers, der für die
meistens deutsche, doch bereits damals eindeutig polenfreundlich
gesinnte Einwohner der Hauptstfraße die Lebensmittel soeben
eingeliefert hat. Ein Video-Material auf tadelloser deutschen Sprache;
Der
russische Kaiser und König von Polen agierte wie ein Vater seiner
Untertanen, und die Beamten benahmen sich meistens wie ihre ältere
Brüder
Deratige
Lage im wichtigen Industriezentrum von Lodsch war nur
ein der vielen ähnlichen Beispielen.
Der letzte Zar und seine Gouverneure, auch Minister, waren keinerlei
die Männer, die den dringend notwendigen Reformen im Wege standen.
Sie wollten aber nur langsame, umsichtige Reformen durchführen, doch
ihr letztes Ziel war sehr edel; sie wollten dass die Politik
gereinigt würde; dass die Moral der Volksgemeinschaft auf eine
höhere Ebene erhebt wird; dass es in der Geschäftswelt weniger
gemeine Tricks geben wird, weniger Ausbeutung in der Gesellschaft
besteht. Sie waren nicht dermaßen progressiv wie z. B. die
US-Präsidenten jener Zeit waren, weil sie ganz einfach wussten, dass
zu viel Fortschritt mehr Parasiten beherbergt als die zaristische
Bürokratie. Übrigens, in einigen Bereichen hatta das Zarenreich die
Vereinigten Staaten von Amerika weitgehend übertroffen. Darüber
soll ich noch, mit ein paar grundlegenden statistischen Angaben, dies
und jenes schreiben.
Die
Eröffnung neuer Ackerflächen
durch Siedler, die die Nahrungsmittelversorgung des russischen
Reiches erhöhen würden, war eines der wichtigsten
Tätigkeitsbereiche
der Zaren und ihrer zivilen, manchmal auch militärischen Beamten,
die sehr oft in beispielhafter Zucht und Sitte arbeiten konnten.
Sie schützten die russische, baltische und polnische Industrie mit
hohen Zöllen und minimalen Handelsbeschränkungen im Binnenmarkt. Es
war ihr Hauptziel, Russland von einem europäischen Rückstau in
einen wirtschaftlich
starken und politisch reformierten Staat
zu verwandeln, und sie fanden offensichtlich die richtigen Mittel, um
dieses Ziel zu erreichen.
Bei
vielen wichtigen Mitgliedern der sogenannten höheren, großzügigen
angelsächsischen Rasse war aber eher der Gegenteil der Fall. Der
amerikanische Ökonom Henry
Walton Farnam
kritisierte diesen Geisteszustand. "Wohlhabende Familien
enthalten oft parasitäre
Mitglieder,
die von der Gesellschaft ein hohes Einkommen beziehen, ohne im
Gegenzug sich an Errungenschaften der Volkswirtschaft zu betiligen
oder öffentlichen Dienst zu leisten."
Economist
Scores Idle Rich,
2. Jan. 1912, “The Spokesman-Review, S. 7
Bemerkenswerte Lage der Landwirte in der Umgebung des Lodscher Industriegebiets
Lodsch
und die anderen, in der Umgebung der Großstadt gelegene
Industriestädte, waren ein
besonderer Landesteil, der
durch den Einfluß der östereichisch-deutschen Hochkultur verwandelt
wurde. Glücklicherweise
es wurde ein sehr interessanter Doku-Film aus dem Jahr 1912 bis zu
unserer Zeit aufbewahrt. Wir sehen wie die
Lodzermenschen
(so nannten sich die Lodsch-Einwohner mit Stolz, weil sie überall
als besonders einfallsreich, witzig und erfolgreich galten) ihre
Möglichkeiten voll entfalten konnten.
Wir können dort u. a. die Familie des verstorbenen Lodscher Großindustriellen
Julius
Heinzels, Freiherr von Hohenfels,
eines Lebensreformers, sehen.Die einzigen bekannten Bildfenster der Industrie- und Handwerkaustellung, aus dem Juni 1912.
In
Allgemeinen aber war die Pflanzeproduktion auch auf dem keinerlei
besten Boden der Lodscher Landumgebung mehr als wirtschaftlich, und
der Hauptgrund dafür waren die etwa ein hundert Tausend Arbeiter,
die sehr zahlreiche Familien hatten. Infolge der nur langsam
wachsenden Löhne von damals waren sie gezwungen viel
Gemüse und Früchte zu essen,
und nur selten konnten sie sich etwas Fleisch leisten. Nur ein, doch
ein krasses Beispiel dafür.
Im Zarenreich bereicherte sich das Volk
„Das Vergrabene Geld. In dem Dorf Modrew (Modrzew), der Gemeinde Lagow (Łagiewniki), in der Umgebung Lodsch, bewirtschaften über ein Dutzend Morgen [etwa 6 Hektare], die Eheleute Mateusz und Józefa Kowalski. Aufgrund der Nähe von Lodsch und Sgesch (Zgierz) erzielt das Ehepaar K. erhebliche Gewinne aus dem Grundbesitz. Trotzdem zeugten ihr Tisch und ihre Kleidung eher von Armut als Überfluss. Vor ein paar Wochen wurde Kowalska schwer krank, so dass sie bettlägerig wurde. Obwohl Kowalski tief beeindruckt von der Lage seiner Frau war, konnte er sich nicht pausenlos vor ihrem Bett befinden. Doch zahlreiche Frauen: Nachbarn und Verwandten verbrachten dauernd ihre Zeit bei ihr.
Eines
Tages erzählte Kowalska, unglücklicherweise (wegen hohem Fieber
halb bewusstlos), dieser Gesellschaft, wo sie das Geld versteckt
habe. Ihr Mann wusste nichts über die Geständnisse dieser Frauen,
sowie über die Lagerung des Geldes. Ein paar Tage später – dies
geschah in der Woche vor Weihnachten – gewann Kowalska etwas an
Stärke und eilte sofort, um zu überprüfen ob das Geld in den
Speicherungen immer noch gibt. Jedoch überall: in einer Zelle, unter
einer Scheune, in einem Garten, unter Bäumen usw. fand sie nur leere
Gruben. Kurz danach gab ihr eine der Verwandten 600 Rubel zurück,
die sie „ganz zufällig“ in einer Zelle gefunden haben sollte.
Der Rest war verloren.
Wieviel
Kowalska das ganze Geld hatte, wusste sie nicht, weil sie nicht
zählen kann. Nach Angaben der Nachbarn belief sich die Summe der
Ersparnisse der Ehefrau K., nur im Garten verborgene zählend. auf
mehrere
Tausend Rubel.
Wie sie selbst sagte, gab es außer Papieren [den Geldscheinen] auch
50 Goldstücke.“
„Rozwój”
(der in den Jahren 1897-1930 in Lodsch erscheinendes Tagesblatt), 2.
Januar 1912, S. 2
Ein paar
Goldmünzen, die unselige Kowalska in ihrem Garten vergraben konnte.
Die russische Herrschaft in Russisch-Polen war keineswegs so lästig wie sie heutzutage am Weichsel geschildert wird
Zusammenfassend
darf man feststellen, dass die Zeit des Regierens der autokratischen
Kaiser von Russland in Polen war für die polnischen Patrioten eine
schwarze Nacht gewesen. Allerdings
wurde sie durch soviel günstige Faktoren erhellt, dass sie (bei
Verbrauch des Verstandes) nicht
ausgenutzt werden soll,
um zwischen den zwei fähigsten, zugleich fremdemfreundichsten
slawischen Völkern zum
Haß zu schüren.
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