Polens stählerne Legende: Doch diese ist englischer Bauart! Teil 1

Dieser wohlgeformte Traktortyp, Ursus C-355, dominierte in den 1970en und frühen 1980en Jahren die Landschaft in Dörfern und teilweise auch in den Städten in Polen. Es wurde im Rahmen der industriellen Zusammenarbeit mit der Tschechoslowakei hergestellt und war einer der robustesten landwirtschaftlichen Traktortypen aller Zeiten. Sein Kraftstoffverbrauch war jedoch zu hoch gewesen. Daher wurde die strategische Entscheidung getroffen, die britischen landwirtschaftlichen Maschinen auf den polnischen Anbauflächen einzuführen.

Die Quelle des Bildes: Polish vintage farm tractors.Ursus C-355 and Ursus C-355M. https://retrotraktor.pl/forum/viewtopic.php?f=9&t=6036

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Polen ist ein beziehungsweise kleines und schwaches, aber aus bestimmten Gründen für Europa sehr wichtiges Land. Es wurde, im Grunde genommen, nie von einem äußerst grausamen und unterdrückerischen kommunistischen Regime regiert. Besonders nach der Destalinisierung des sowjetischen Regimes wurde diese besondere Nation seit dem Jahr 1956 zum neuen Gesicht des Kommunismus. Nach einigem Zögern stimmte der rote Kreml zu, das polnische Experiment zu dulden, nur um einen verlässlichen Verbündeten in dem sehr wichtigen Teil Europas zu haben. Man würde sagen, Polen genoss eine ziemlich selbstständige Selbst-Regierung im Rahmen des Ostblockes. Im Rahmen des Experiments wurde unter anderem das Privateigentum an Ackerland zugelassen, obwohl es auf kleine und mittlere Bauernhöfe beschränkt war.

Der polnische kommunistische Anführer Edward Gierek spricht zum polnischen Volk am Tag der Arbeit am 1. Mai 1974, mit zwei riesigen polnischen Adlern hinter ihm und auf der Vorderseite der Tribune. Alle diese Symbole waren kaum kommunistisch. Die rote Farbe der Tribune war das alte polnische königliche Purpur. Daher ist es gerechtfertigt, ihn als ungekrönten König Edward zu bezeichnen. Wenige Monate später begann er die Zusammenarbeit im Bereich Industrie mit Großbritannien.

(Ein Bildfenster aus dem YouTube-Video, Edward Gierek, 1 maja 1974)

Die Staats- und Parteiführung verließ sich also auf die Bauern, um die Menschen zu ernähren und einige Überschüsse in der landwirtschaftlichen Produktion für Exportzwecke zu erzielen

Eine kleine, aber effiziente und zuverlässige landwirtschaftliche Maschine wurde dringend benötigt, um die Arbeit auf den Bauernhöfen effektiver als ganze Scharen starker und gesunder Männer zu erledigen. Einfach weil die meisten dieser Männer ihre Dörfer verlassen haben, um in den Fabriken zu arbeiten, hauptsächlich wegen der viel besseren Wohnqualität in den Städten.

Die Massey-Ferguson-Maschinen könnten jedem polnischen Landwirt gerecht werden

... auch durch Verkürzung der Zeit für Reparaturen und Reduzierung ihrer Kosten. Klein, aber leistungsstark, unglaublich vielseitig und aufgrund des geringeren Kraftstoffverbrauchs von großer Reichweite, hatten die Traktoren von Ferguson weltweit keine ebenbürtige Konkurrenz.

Die Mitarbeiter der Banner Lane-Fabrik von Massey Ferguson in Coventry, England, hatten beide Hände voll zu tun und benötigten gute technische Kenntnisse, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Die polnischen Handwerker in Ursus, Warschau und anderswo brauchten viel Zeit, um zu verstehen, worum es in allgemeinen geht.

(Ein Bildfenster aus dem YouTube-Video

In der ersten Phase der Lizenzvertragsverhandlungen gab es bereits starken Widerstand seitens der Ingenieure von Ursus. Sie hatten ihr eigenes Projekt und ihre eigenen Ansichten, jedoch ...

Das vorherrschende historische Urteil in Polen ist, dass die auf Ursus auferlegte Zusammenarbeit mit dem führenden abendländischen Unternehmen auf dem Gebiet der Herstellung landwirtschaftlicher Maschinen eine wirtschaftliche Zeitbombe war und sogar ein weiterer Verrat des Westens an Polen. Der wahre historische Tatsachenbestand ist jedoch ganz anders! Die Manager von Massey Ferguson stimmten zu, eines der am gründlichsten durchdachten Industrie- und Handelspakete weltweit nach Polen zu bringen.

Als etablierte und wichtige Kraft im hart umkämpften nordamerikanischen und europäischen sowie asiatischen und afrikanischen Landmaschinengeschäft entwickelte Massey Ferguson auch spezielle Prozeduren, um die Kosten für die Herstellung der Traktoren zu senken und deren Preise niedrig zu halten. Die Manager in Coventry boten alle erforderlichen Komponente und Ersatzteile, das technische Know-how und die Beratungsdienste sowie die günstigsten Bedingungen für den Export künftiger Überschüsse an Traktoren und Motoren aus Polen, sowie umfangreiche Beratung bei der Planung und Einrichtung der Lieferketten von polnischen Auftragnehmern, an. Die Briten erklärten sich bereit, sich bei Bedarf um alles zu kümmern, und forderten im Gegenzug nur loyale Zusammenarbeit! Lieber Himmel! Die Berater von Gierek bestanden darauf: Nur an der Zukunft richtig zu denken unfähigr Personen könnten dies alles als zu teure Investition ansehen.

Im Jahr 1974 wurde der polnische kommunistische Anführer von seinem Hauptwirtschaftsberater im ernsten Ton vor der Gefahr gewarnt, die sich aus den Folgen des Ölpreisschocks ergab

Das Flaggschiff der polnischen Exportindustrie, die Limousine Fiat 125P, wurde im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch viel zu teuer. Laut diesem Berater sollten alle neuen lizenzierten technischen Lösungen, die im Westen gekauft wurden, im Hinblick auf den Energie- und Kraftstoffverbrauch viel wirtschaftlicher sein als diese zweifelhafte, fünf Jahre zuvor begonnene Zusammenarbeit mit Italienern in der Automobilindustrie. Andernfalls wäre in ein paar Jahren eine allgemeine Katastrophe der polnischen Volkswirtschaft nicht zu vermeiden.

Der polnische Anführer unternahm sofort Versuche, diese Warnung in Erwägung zu nehmen, dies seinen Ministern zu übermitteln und legte gemäß diesem Prinzip seine Pläne für die weitere Entwicklung des Landes fest

Dem Rechner ins Notizbuch: Wirtschaftlich war das Corolla-Modell von Toyota auch im Benzinverbrauch, mit 6 Liter auf 100 Kilometer. In dieser Hinsicht war der Mittelklassewagen des polnischen Herstellers FSO Fiat 125p eine Katastrophe: 10 Liter auf 100 Kilometer. Aus Gründen des Kraftstoffverbrauchs musste die vor der Energiekrise entworfene neue polnische Traktorenfamilie als zu teuer für ihre zukünftigen Nutzer abgelehnt werden. Die Sowjetunion machte es sonnenklar; nach 5 Jahren wird der Preis für das russische Rohöl für Polen radikal angehoben. Andererseits aber wurden die neuen, effizienten Energietechnologien nur manchmal im Rahmen des lizenzierten Technologietransfers an die Satellitenstaaten der Sowjetunion verkauft.

Das britische Angebot, das auch im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch von Ferguson-Fahrzeugen ungewöhnlich vorteilhaft war, schien eine einzigartige Gelegenheit für Polen zu sein

Das gesamte Projekt war sehr weit technisch fortgeschritten und anspruchsvoll, insbesondere unter Berücksichtigung der Bedingungen in Osteuropa. Es erforderte viel Geld und harte Arbeit, aber das Hauptprinzip der Lizenzierung der neuen Maschinenkonstruktionen von Massey Ferguson bestand darin, für die neuen Produktionsanlagen sowie für Belohnung britischer Berater ausgegebene Geld dem Gastgeberland den größtmöglichen Vorteil zu bieten.

Unglücklicherweise gab es auch die dritte Seite, die die ganze Entwicklung beobachtete. Jemand, der wollte, dass polnische und britische Arbeiter ihrer Arbeitsplätze beraubt werden und schließlich mit hilfloser Wut wie ihre Werke dicht gemacht werden zusehen müssen

Darüber jedoch im nächsten Teil dieser erstaunlichen und zugleich erschreckenden Geschichte. Leider ist die Geschichte keine barmherzige Mutter, sondern eine unbarmherzige und böse Hexe, die gerne unhöfliche Jungs zusieht, wie sie am Ende bitter weinen müssen und wie sie sich den Bart raufen.