Immer
öfter weicht der Altbau den Gewinn bringenden Bauvorhaben. In der
Re-gel wird er, nach der entsprechenden Entscheidung der öffentlichen
Hand oder eines Privatinhabers, umgehend abgerissen und durch die
luxuriösen Neubauten ersetzt. Das Bild von Wilkie Drawking.
Ende
März wurde das
ehemalige jüdische Badehaus
in Tomaschow (Tomaszów Mazowiecki) abgerissen. Es befand sich in der
Grünberg-Straße (ulica Tkacka) und war eines der ältesten Gebäude
der Stadt. Graf Antoni Ostrowski - der Gründer von Tomaschow,
schenkte dem jüdischen Kehilla 1829 ein Entwicklungsgebiet, in dem
unter anderem dieses Badehaus bald errichtet wurde.
In
der frühen 19. Jahrhundert hat ein Landarbeiter Eisenerz in der
Umgebung der späteren Stadt Tomaschow
gefunden.
Die ersten Industriewerke sowie drei kleinere Städte wurden
demnächst durch den Grafen Tomasz Ostrowski gegründet.
Das
Gelände des heutigen Mittelpolens war damals von gewaltigen Wäldern
bedeckt
die
sich zwischen den Flüssen Weichsel und Pilica hinzogen, in denen
zahlreich Wildsau und Großwild lebte. Dies sollte sich aber ziemlich
schnell ändern. Ein paar polnischen
Hochadligen
und die Regierung von Kongreßpolen haben ganz neue Wege gefunden, um
das arme Rumpfpolen reich zu machen. Ihre Ideen waren visionär.
Der
Zeitpunkt für solches Unternehmen war günstig: die Zollgrenze
zwischen
Kongreß-Polen und Russland
wurde aufgehoben, was zur Folge hatte, daß alle polnischen Waren
nach Russland und dem Fernen Osten zollfrei
ausgeführt
werden konnten. Polen sollte nun nicht nur durch gemeinsamen
Herrscher mit Russland vereint werden.
Der
polnische Staat wurde durch hohe Schutzzölle gegen die riesige
Überlegenheit Westeuropas auf dem Gebiet der Industrie verteidigt
Und
die Idee der polnischen Hochadligen war einfach und genial: die
damals in Preußen und Sachsen wütende Arbeitslosigkeit zu nutzen,
um neue Industrie zu gründen. So wurden für den Grafen Antoni
Ostrowski
Tuchmacher in
Niederschlesien und in Lausitz angeheuert.
Die polnische Regierung eilte (wie sie das in Lodsch gemacht hat) mit
Hilfe, indem sie die Siedler mit allem Lebensnotwendigen bescherte.
Der
neue Grundherr, der Graf
Tomasz Ostrowski, war ein sehr kluger und großzügiger Mann.
Mehr als ein hundert Jahre später erinnerten sich daran die
Nachkommen der ersten Siedler. "Im Stadtarchiv befindet sich ein
'Ausweis der Zusicherungen
und Stiftungen,
die der Grundherr von Tomaschow, Graf Anton Ostrowski, den Ansiedlern
von Tomaschow verbürgt hat '. Dieser Ausweis enthält 482
Positionen. Mancher Tomaschower Bürger kann sich heute noch davon
überzeugen, welche Zuwendungen seinen Vorfahren vom Grafen gemacht
wurden."
(Festschrift
zur Erinnerung an das 100-jährige Jubiläum der 7-klässigen
öffentlichen Rey-Volksschule Nr. 5 zu Tomaschow-Mazowiecki,
bearbeitet von Rudolf Lembke, Tomaschow-Mazowiecki 1935, S. 10, 12
nach Polona-Digitalbibliothek)
Insbesondere
hatte der edle Hochadlige das religiöse Leben seiner lieben Gäste
unterstützt
Er
hat für
die Evangelischen und für die Juden Stiftungen gegründet,
im Rahmen von denen die beiden Gemeinschaften Grundstücke für ihre
Tempel und andere Einrichtungen bekamen. Die Katholiken konnten dabei
auf die Unterstützung ihrer damals noch sehr reichen Kirche zählen,
trotzdem hat er auch sie mit mehreren Schenkungen für die
gemeinschaftliche Ziele und Zwecke, auch die Not leidenden Familien,
unterstützt.
So
hat er 1829 den Gläubigen der jüdischen Gemeinde den Grundstück
für den Bau der ritualen Badenanstalt geschenkt
Sie benutzten den Anstalt mehr als ein hundert Jahre lang. 1939 wurde er ihnen, nach dem reichsdeutschen Überfall auf Polen, weggenommen. Ein paar Jahre später wurden die jüdischen Einwohner von Tomaschow durch Hakenkreuzler ermordet.
Der
jüdische Badeanstalt befand sich, erstaunlicherweise, auf
der selben Straße wie die wichtigsten Einrichtungen der
evangelischen Gläubigen
von Tomaschow. Nämlich : ihre erste Kirche, der Pfarrerhaus und die
evangelisch-lutherische Volksschule (für die jüngsten Kinder
bestimmt).
Die
Straße wurde zuerst (in den 1820ern) Grünberg-Straße genannt
weil sie
durch die Ansiedler aus dem Kreis Grünberg (Niederschlesien),
die bauten sich meistens geschlossen an dieser einen Straße an, um
ihre Identität und Zusammenhalt aufzubewahren, gebaut worden war.
Dies bedeutete keinen Chauvinismus; die Juden waren dort geduldet,
die polnische Kultur übte ihre Anziehungskraft. In der frühen 20.
Jahrhundert war diese deutschstämmige Gemeinschaft weitgehend
polonisiert worden. Man kämpfte auf dieser Straße, die Tkacka
genannt wurde, um die polnische Sprache in der Schule. Die wurde dort
1919 als Unterrichtssprache, auf Anregung der patriotischen
evangelischen Geistlichkeit, eingeführt.
Der
Tempel wurde in den Jahren 1823-1829 im neoklassizistischen Stil
erbaut
Etwa
1830, op. cit..
Auch das
Presbyterium und das Gebäude der Volksschule (die Gemeinde zu Sankt
Trinitatis) sind bis heute, am Kosciuszko-Platz, des
Nationalhelden von Polen, Weißrussland und den Vereinigten Staaten
von Amerika erhalten geblieben.
Die
Tomaschower Männer und Frauen der jüdischen Glaube waren in
verschiedenen Lebensbereichen sehr aktiv gewesen
Sie
haben unter anderem ihr Beitrag zum Aufblühen der Kunst und Kultur
in Mittelpolen in dem späten 19. Jahrhundert sowie in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts geleistet. Dabei ist insbesondere der
Musik- und Gesangverein Hasomir nennenswert, der in Tomaschow
gegründet wurde.
Nach
dem Zweiten Weltkrieg wurde das ehemalige Gebäude der jüdischen
Gemeinde durch die Kommunisten verstaatlicht
...
und
kurzerhand zu einem für
die ganze Bevölkerung der Stadt zugänglichen Badeanstalt
verwandelt. Infolge der umfangreichen Zerstörung der Wohngebäude
während des Krieges sowie des erhöhten Kulturniveau des polnischen
Volkes war der Anstalt bei der Stadtbevölkerung sehr beliebt
gewesen. Dies änderte sich erst in den 1960ern und 1970ern, als die
modernen Plattenbausiedlungen die schlimmsten sanitären und
hygienischen Probleme gelöst haben. 1989
wurde der Badeanstalt geschlossen und in demselben Gebäude man hat
mehrere Fleischladen eröffnet.
Nicht
einmal ist das neue Wohngebäude in der der ruhigen, sicheren und
stillen Landschaft von Wohnplattenbauten aus der Zeit der
Volksrepublik Polen zu fin-den. Das Bild von Wilkie Drawking.
Im
21. Jahrhundert man hat das Gebäude sich selbst überlassen
So lange
als es schließlich bruchreif wurde. Es ist vorauszusehen, dass ein
dadurch gewonennes Baugelände durch die Stadtverwaltung sehr
vorteilhaft an ein westeuropäisches oder nordamerikanisches
Bauunternehmen verkauft wird.
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